Fotografien von Charleen Kettner
Porträts sind seit Jahrhunderten eines der wichtigsten Sujets der Kunst. Nur wenige Künstler schaffen es aber, der Porträtfotografie einen derartigen Stellenwert zu geben wie Charleen Kettner.
“Ich versuche meine Bilder zu entfremden“, sagt Kettner. “Menschlichkeit wird weitgehend gegen Künstlichkeit ersetzt, und aus der Spannung, die sich zwischen ihnen aufbaut, entsteht eine Abstraktion, die jeder Betrachtende unterschiedlich aufnimmt.“ Die Idee dahinter ist eigentlich simpel, aber vielleicht gerade deshalb so erfolgreich. „Die Kunst hat viele Gesichter und viele Möglichkeiten, drängende und langanhaltende Themen zu behandeln“, so Kettner.
Fotografie, als eine Erinnerungskultur, wie man die moderne Welt verbessern kann. Es ist ihre Art und ihr Verantwortungsgefühl, welches über das reine Fotografieren hinausgeht.
“Ich mag es, mich eher mit Menschen statt mit Architektur oder Landschaftsfotografie zu beschäftigen. Es gibt nichts spannenderes für mich, als Gesichter unserer Zeit zu dokumentieren. Gesichter erzählen so viel und sind in ihrer Feinheit so detailliert“, so Kettner. Teils reduziert und nur auf die Person selbst konzentriert, teils kunstvoll in Szene gesetzt zeigt sie Personen stets auf eine neue, aber treffende Weise und bringt dabei auch viel von ihrem eigenen inneren Wesen ans Licht.
Wenn ein Ort oder eine Situation sie inpiriert, folgt sie dem Drang, diese Inspiration, dieses Bild im Kopf, möglichst detailgetreu umzusetzen. Da kann es dann auch gut mal vorkommen, dass ihre Models um 3 Uhr nachts nackt in einem Studierendenheim stehen und vor Lichtleisten die verrücktesten Posen einnehmen. Sie benutzt alles, was sie vorfindet, für ihre verstörenden oder oft missverstandenen Bildkompositionen.
“Ich arbeite viel mit der Herstellung von Kostümen, und male meine Models an, oder setzte ihnen Masken auf, um die Menschlichkeit noch künstlicher zu gestalten“.
Kettner zieht es vor, mit eher leichtem und handlichen Equipment zu fotografieren. Weil in ihrer Fotografie der Zufall eine wesentliche Rolle spielt, hat sie immer ihre Sony Alpha 6000 dabei. Kettner, die Meryl Streep als eines ihrer definitiven Vorbilder sieht, hat die künstlerische Palette der Fotografie entscheidend bereichert. Und wenn eine junge Fotografin mit so viel Selbstbewusstsein an die Öffentlichkeit tritt und damit großen Anklang findet, muss es sich um etwas besonderes handeln.